Pädiatrie im öffentlichen Hospital auf Roatan: Janice aus Deutschland
Vorbereitung mit SWHO: Humanitäre Hilfe im Ausland zu leisten und dabei eine Kultur ganz fern von allem kennenzulernen, was ich bisher kenne, war schon immer ein Lebenstraum von mir. Nach dem Abitur stand für mich also fest: ich muss woanders hin. Durch Internetrecherchen stieß ich dann auf SWHO. Ich lernte schnell nicht nur die sehr persönliche und individuelle Art der Organisation schätzen – Eliane, die Organisationsgründerin ist direkt mit mir in Kontakt getreten, hat sich meinen Wünschen gewidmet, mich in meiner individuellen Situation beraten und mich mit vielen Informationen ermutigt und beruhigt – ich schätzte auch die einmalige Chance, eine Insel auf der anderen Seite der Welt mit all ihren kulturellen Schätzen und herzlichen Menschen kennenzulernen und nebenbei bereits mein Pflegepraktikum für das anstehende Medizinstudium abzulegen während ich medizinische Versorgung so nah erleben darf, wie noch nie zuvor. Roatan war meine erste richtige Auslandsreise überhaupt und als zwanzigjähriges alleinreisendes Mädchen mit keiner Flug- oder Reiseerfahrung und nur sehr beschränkten Medizin- und Spanischkenntnissen wirkte das Vorhaben, drei Monate auf einer kleinen Insel in Honduras in einem Hospital zu verbringen manchmal etwas einschüchternd. Aber Eliane hat mich von Beginn an in jedem Detail der Reise- und Flugplanung unterstützt und sich immer Zeit genommen, um meine Fragen zu beantworten, mich mit Informationen abzusichern oder gar Online-Meetings mit der Krankenhausdirektorin und meiner Gastmutter zu organisieren. Ich glaube kaum, dass man sonst irgendwo eine so individuell zugeschnittene, persönliche und flexible Organisation finden kann.
Roatan: Nach einer langen Reise von Frankfurt über Houston, Texas nach Roatan kam ich schließlich in dem kleinen Paradies an. Mit Stränden wie aus einem Traum, glasklarem Wasser, kilometerlangen Korallenriffen und tropischen Wäldern ist Roatan der schönste Ort, den ich je gesehen habe. Am Flughafen wurde ich direkt sehr warm und herzlich von meiner Gastmutter Catherine und Dra Cacho, der Direktorin des Hospitals in Empfang genommen. Roatan ist die größte Insel der Islas de Bahia, die „Calle principal“ verbindet dabei die vielen kleinen „Communidades“, in denen die verschiedensten Ethnien beheimatet sind. So besitzen die Garífuna zwar ihre eigene Sprache, können aber auch spanisch und teilweise sogar englisch sprechen. Die „Black english community“ ist eine weitere Ethnie, die englisch spricht und die „Miskito“, die hauptsächlich vom Festland immigriert sind, sprechen nahezu ausschließlich ihre eigene Sprache. Aber nicht nur kulturell hat Roatan viel zu bieten: in der Freizeit kann man neben atemberaubenden Strandbesuchen auch Scuba-Diving, Reiten oder Schnorcheln gehen, eine Wanderung an den Höchsten Punkt der Insel machen, mit Delfinen schwimmen, einen Faultier-Park besuchen oder mit einer Zipline über dem Regenwald schweben. Roatan ist touristisch sehr aktiv, daher wird durch viel Security-Personal auf Sicherheit geachtet und im Vergleich zum Rest von Honduras ist es sicherer und von manchen Problemen nicht ganz so schwer betroffen. Wenn man mit etwas Vorsicht agiert, kann man auf Roatan also recht sorgenfrei und sicher herumlaufen. Es ist dabei eben wichtig, immer auf die Eingeborenen und die Gastfamilie zu hören. Als Ausländer fällt man auch etwas auf und gerade als junge Frau muss man sich auf einige Flirtversuche und Zurufe gefasst machen – das kann man aber einfach mit Humor nehmen. Die Menschen in Honduras sind die wohl herzlichsten, freundlichsten Menschen, denen ich je begegnen durfte. Sie nehmen einen selbst als Fremden in ihre Häuser auf, laden einen zum Essen oder auf ein Getränk ein, stellen einen direkt als Freund vor und nehmen einen in ihre Freundeskreise auf. Von dem Wenigen, was sie haben, teilen sie alles und zeigen einem die Insel und all ihre geheimen Spots, ohne etwas im Gegenzug zu verlangen. Die Menschen helfen und unterstützen sich gegenseitig und leben wie eine einzige große Familie.



Gastfamilie: Meine Gastmutter Catherine hat mich von beginn an wie eine Tochter behandelt und mir mehr Liebe und Fürsorglichkeit geschenkt, als ich mir je hätte erhoffen können. Über die Zeit ist sie mir eine sehr gute Freundin geworden. Ich hatte in ihrem Haus sogar ein eigenes kleines Apartment mit Küche und Bad, das mir viel Privatsphäre geboten hat. Die meiste Zeit habe ich aber viel lieber mit ihr auf dem Balkon gesessen und bei erregten Unterhaltungen das Meer betrachtet. Eine ihrer Töchter und ihr Ehemann leben derzeit in den USA, die beiden anderen Töchter in Tegucigalpa, daher führten wir lange eine kleine „Frauen-WG“, wobei auch oft Freundinnen von Catherine vorbeikamen, die dann auch im Haus lebten. Außerdem lebten zeitweise zwei weitere Volunteers im Schulprojekt bei uns, die mir wie Schwestern waren. Die Waschmaschine und Küche darf man jederzeit benutzen. Dabei kann es auch öfter mal vorkommen, dass der Strom für ein paar Stunden ausfällt oder eine Wasserleitung kaputt geht und es kein fließendes Wasser gibt, aber mit Catherine kann man gut durch jede kleine oder große Krise navigieren. Sie nahm mich gerne überallhin mit, stellte mich allen Leuten vor, brachte mich an Orte, die man als normaler Tourist nie kennenlernen könnte und gab mir Einblicke in die Kultur, die nur wenige Ausländer erhalten. Für mich als Christ war es ein besonderes Highlight, jeden Sonntag mit ihr in ihre Gemeinde zu gehen, wo die Kultur mit dem Glauben verbunden wurde und die Menschen tanzend und singend Lobpreis machten. Auch dort wurde ich wie in einer Familie aufgenommen und genoss den Kontakt zu den Menschen dort. In Punta Gorda lebte ich in der Communidad der Garífuna, die mich sehr herzlich als Teil ihrer Community aufnahmen und schon bald bei jedem Spaziergang mit Namen grüßten. In den kleinen „Pulperías“ dort kann man essentielle Materialien und Nahrungsmittel kaufen, für spezifischere Dinge muss man bis nach „French Harbour“ zu „Eldons-Supermarket“ fahren.



Die Arbeit im Krankenhaus: Das öffentliche Hospital auf Roatan ist vor etwa einem Jahr abgebrannt und so arbeitete ich in einem improvisatorischen Gebäude einer alten Kirche, was die Arbeit noch herausfordernder und interessanter machte. In meiner letzten Woche dort fand dann endlich der langersehnte Umzug ins neue Hospital in Coxen Hole statt – die nächsten Volunteers dürfen also etwas bessere Arbeitsbedingungen erwarten😊. Es ist wichtig, dass man dabei seine eigene Arbeitskleidung von zuhause mitbringt – zur Not gibt es aber immer wieder auch mal Krankenhauskleidung in dem riesigen Secondhandshop „Megapaca“. Die Arbeitszeiten, die Fachrichtung und meine Tätigkeiten im Krankenhaus wurden mir alle offengelassen – so wie es mir am besten passt. Mit dem Essen der „Cocina“ im Hospital wurde ich morgens und mittags versorgt und lernte schnell das Inselessen lieben. Anfangs fuhr ich noch mit dem Bus zum Krankenhaus, was ziemlich sicher und auf jeden Fall eine Erfahrung wert ist, doch bald lernte ich eine Licenciada (Krankenpflegeleitung) aus Punta Gorda kennen, die mich gegen etwas Spritgeld mit sich zum Krankenhaus und zurücknahm. Ich entschied mich dafür, in der Pädiatrie zu arbeiten, wo mich die Krankenschwestern und Ärzte direkt wie einen Familienteil aufnahmen. Sie nahmen mich auch außerhalb der Arbeitszeiten zum Essengehen oder gemeinsamen Strandbesuchen mit und zeigten mir all ihre Lieblingsorte. Anfangs war es für mich sehr schwierig, mit dem ganz anderen System, den spanischen Fachbegriffen und medizinischen Fragen mit meinem begrenzten Wissen klarzukommen. Doch jeder im Krankenhaus war sehr geduldig mit mir, erklärte mir die Dinge sehr ausführlich und nahm mich in jedes medizinische Verfahren und jede medizinische Entscheidung mit. Ich erhielt Einblicke, die ich anderswo nie erhalten hätte – durfte in jeden Fachbereich schauen, bei OPs assistieren, Zugänge legen, Wundversorgungen durchführen, bei Patientenuntersuchungen Herz und Lunge abhören und vieles mehr. Wenn man interessiert und motiviert ist, bringen einem die Ärzte und Schwestern gerne alles bei, was sie wissen. Doch natürlich ist es nicht immer leicht. Ich sah dort zum ersten Mal eine Armut, die Menschen leben kostet, einen Mangel an Fachkräften, Medikamenten und Materialien, den man sich in Deutschland nicht einmal vorstellen kann, Krankheiten, die ich vorher nicht kannte und ein so korruptes System, dass es die Menschen zu erdrücken scheint. Gerade in der Pädiatrie tut es oft weh, die Kinder mit Malaria, Brandwunden, Dengue-Fieber, schweren Infektionen, Parasiten und Lungenentzündungen oder die Mütter zu sehen, die oft erst dreizehn oder vierzehn Jahre alt sind – in Honduras ist es nicht selten, schon ab zwölf Jahren Kinder zu bekommen. Im Hospital gab es nur einen OP-Saal, die Notfälle mussten nach Bedürftigkeit priorisiert werden und bei einem Stromausfall mitten in einem Kaiserschnitt musste im OP auch mal eine Handy-Taschenlampe aushelfen. Medizinische Notfälle, auf die das Hospital nicht gefasst ist, werden dabei oft mit der Fähre oder dem Flugzeug nach Tegucigalpa oder San Pedro Sula überwiesen. Aber all diesen Umständen zum Trotz durfte ich Zeuge davon werden, wie die Ärzte, Licenciadas und Krankenpfleger sich für ihre Patienten hingeben, unbezahlte Überstunden ablegen, Medikamente für Menschen kaufen, die sie sich nicht leisten können, Decken und Milch an Neugeborene verschenken und vor allem eine Hoffnung und Perspektive weitergeben, die diesen Menschen alles bedeutet. Ich durfte dort unter dem Krankenhauspersonal, aber auch im Patientenkontakt unendlich berührende und inspirierende Erfahrungen machen, die ich nie wieder vergessen werde und dabei auch medizinische Fachkenntnisse und Fähigkeiten erwerben, die mir später sehr helfen werden.



Fazit und Tipps: Roatan ist das wohl Beste, was mir bisher passiert ist. Die Menschen dort können jede Hilfe brauchen und sind dankbar für jede Form von Unterstützung. Oft kann man aber viel mehr von ihnen lernen und mitnehmen. Also pack schonmal deine Koffer für dein bisher bestes Abenteuer – am besten mit einem offenen Herzen, einer humorvollen Einstellung und etwas Entspanntheit. Denn nein, Das System ist dort nicht so organisiert und pünktlich wie in Deutschland, aber genau das macht es auch spannend, zwangslos und einer Erfahrung wert. Auf Roatan findet man eine unvergleichliche Schönheit und Inspiration in Natur, Menschen und Kultur und es ist auf jeden Fall ein Ort, zu dem man immer wieder zurückkommen will.









Geburtshilfe: Erfahrungsbericht von Sila aus der Schweiz
Ankunft bei der Gastfamilie: Nach der langen Reise war ich froh, dass Cesar von SWHO mich Tegucigalpa am Flughafen schon von weitem erkannte, mich willkommen hiess und mich zu meiner Gastfamilie brachte. Die Gastfamilie empfing mich herzlich. Das bunte Altersgemisch des 3-Generationenhaushaltes und die Gastfreundschaft machte es einfach sich in der Familie zu integrieren und sich wohl zu fühlen. Das liebevoll eingerichtete Einzelzimmer mit eigenem Badezimmer ermöglichte mir dennoch mich bei Bedarf zurück zu ziehen und meine Ruhe zu haben.
Tegucigalpa (Tegus genannt)
Schon bei der Autofahrt vom Flughafen zu meiner Gastfamilie hab ich begriffen weshalb SWHO vertraglich festhällt, dass die Volunteers nicht Autofahren. Der Verkehr ist… anders! Ich würde mich selbst als gute Autofahrerin beschreiben aber hier, keine Chance. Das Gedrängel, Motorfahrzeuge schneiden die Buse, Löcher in den Strassen, kaputte Autos, Gehupe, Abgas, ein Knäuel von Verkehr. Und dennoch hat dieses Verkehrsgetümmel etwas Mystisches. Während meiner Zeit in Tegucigalpa wurde ich von meiner Gastfamilie immer wieder auf die hohe Kriminalitätsrate hingewiesen. Es ist eine Tatsache dass Honduras und speziell Tegus eine der höchsten Kriminalitätsrate der Welt hat. Diese Tatsache hat grossen Einfluss auf die Verhaltensweise und Bewegungsfreiheit. Vor allem wenn man wie ich, offensichtlich aus einem anderen (reicheren) Land kommt. Ein paar Grundregeln die mir meine Gastfamilie ans Herz gelegt hat waren z.B. keine Wertgegenstände auf sich tragen also keine Handtaschen, kein Schmuck und nur das Nötigste an Geld. Bei Einbruch der Dunkelheit möglichst nicht mehr in den Strassen spazieren und erst recht nicht alleine.
Zu Beginn haderte ich etwas mit diesen Vorschlägen da ich mir gewohnt bin mich unabhängig und selbständig zu bewegen. Ich war mir nicht sicher ob sich meine Gastfamilie vielleicht nicht etwas zu viele Sorgen um mich macht, da ich von dieser angeblichen extremen Kriminalität nichts zu sehen bekam. Im Gegenteil, die Leute in Tegus begegneten mir mit solcher Offenheit, Neugierde, Hilfsbereitschaft und Herzlichkeit die mir noch erschwerte mir vorzustellen, dass hier soviel Untaten geschehen sollen. Nach und nach, je mehr ich von Überfallen und anderen üblen Geschichten hörte, verstand ich dann je länger je mehr weshalb gewisse Verhaltensweisen angemessen sind. Mir ist während meiner ganzen Zeit nie etwas passiert und wohl nicht zu letzt wegen der Vorsicht, zu der mich meine Gastfamilie immer wieder erinnerte.
Arbeitseinsatz: Mein Arbeitseinsatz in Tegus machte ich im „hospital escuela“, dem grössten öffentlichen Spital in Tegus auf der Geburtsabteilung. Da ich in der Ausbildung zur Hebamme bin, war es für mich besonders interessant an einem Projekt teilnehmen zu können wo ich auch wirklich im Gebärsaal tätig sein kann. Im hospital escuela kommen im Schnitt 60 Kinder pro Tag zur Welt. Die Gebärabteilung besteht aus 5 sogenannten „Wehenzimmer“ und 2 Gebärsälen. Pro Wehenzimmer sind 3 bis 6 Frauen, die sich wie der Name schon sagt, in den Wehen befinden und von einer Pflegeperson „beaufsichtigt“ werden. Privatsphäre gib es hier nicht. Die Wehenzimmer sind klein, Bett an Bett. Es gibt keine Vorhänge, die Betten bestehen aus durchgelegenen Gummimatten, Bettwäsche ist Mangelware, Toilettenpapier nicht vorhanden da die Frauen meistens nicht mehr aufstehen dürfen und ihre Geschäfte im Bett erledigen müssen. Die Gebärsäle sind nicht freundlicher ausgestattet. Pro Gebärsaal gibt es 5 „Geburtsstühle“ welche an alte Gynokologenstühle erinnern. Privatsphäre gibt es auch hier nicht. Stuhl an Stuhl, Frau neben Frau. Das Durchschnittsalter der Frauen für das erste Kind liegt zwischen 14 und 18 Jahren. Nicht selten haben die jungen Frauen grosse Angst vor dem Krankenhaus und/oder der Geburt. Im Gebärsaal ist es nicht erlaubt jemanden wie z.B. den Partner mitzubringen und die Frauen sind komplett auf sich allein gestellt.Schlussendlich bestand meine Tätigkeit daraus, die Frauen emotional zu unterstützen und zu begleiten.
Der Einsatz auf der Geburtenabteilung hat mir viele neue Erfahrungen ermöglicht. Ich konnte viele Frauen begleiten, viel Lehrreiches beobachten und viele Geburten sehen.
Fazit: Ich habe meine Reise in Honduras etwas verlängert um das Land zu erkunden. Hätte ich die Wahl, würde ich noch wesentlich länger hier bleiben. Bis heute ist mir nichts von all dem Übel und Grauen was man immer wieder in den Zeitungen liest begegnet. Ich weiss es existiert aber was ich in meiner Zeit hier gesehen und kennengelernt habe und was meine Erinnerung prägen wird, sind herzliche, hilfsbereite und aufgeschlossene Menschen die es verstehen ihr Leben mit Optimismus und Fröhlichkeit auszugestalten. Leckeres, wenn auch nicht ganz linienfreundliches Essen. Wobei ich sagen muss, dass das aller beste Essen natürlich die Hausmannskost meiner Gastfamilie war. Pizza-ala-Rosy oder Tamales-Theresita sind bis heute ungeschlagen.
Honduras bietet ausserdem Natur pur. Über Dschungel, Seen, Flüsse, Wasserfälle, Berge und Bauern bis hin zu karibischen Ständen, Garifunadörfer, strahlend blaues Meer, Kokospalmen, Korallenriffe, Papageien, Schildkröten und und und…
Ausserdem bin ich durch die Arbeit im Spital mit Menschen in Kontakt gekommen, die ich ansonsten nicht getroffen hätte. Mein Spanisch hat sich während meines Aufenthalt in Honduras durch den intensiven Kontakt mit Landsleute (durch die Arbeit und Gastfamilie) drastisch verbessert, nach dem Motto „learning by doing“. Durch die Arbeit und das wohnen mit der Gastfamilie habe ich tieferen Einblick in das honduranische Leben bekommen und kann sagen dass ich es mit all seinen Eigenheiten liebgewonnen habe. Eine Rückkehr nach Honduras ist schon in Planung 🙂
Abschliessend möchte ich mich noch ganz ganz herzlich bei euch allen bedanken, die meinen Aufenthalt ermöglicht haben und wodurch meine Zeit bei euch so bereichert wurde. Ein riesiges MERCI an: Theresita, Javi, Rosy, Gaby, Fabianna, Eliane, Cesar und Taco! Grande Abrazos y hasta la proxima 🙂
Medizinisches Engagement in der Pädiatrie: Carolina aus Deutschland
„Honduras? Wo liegt das eigentlich?“ – Das war eine der ersten Fragen, die ich mir vor meinem Aufenthalt hier gestellt habe. Eigentlich wusste ich weder wo das Land genau liegt, noch wusste ich viele andere Dinge darüber. Der erste Teil meines Aufenthaltes ist mittlerweile vergangen. Nächste Woche geht es dann auf die Insel Roatan, wo ich den zweiten Teil meines Aufenthaltes verbringen werde. Nun möchte ich über die vielen Erfahrungen, die ich auf meiner bisherigen Reise gemacht habe, berichten.
„Warum Honduras?“ – Diese Frage habe ich zu Hause wie hier nun schon unzählige Male gehört. Nach meiner Ausbildung zur Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin wollte ich die Gelegenheit nutzen, ein anderes Land kennenzulernen, Spanisch zu lernen und gleichzeitig einer sinnvollen Tätigkeit nachzugehen. Auch die Arbeit in einem Land kennenzulernen, das so anders als Deutschland ist, hat mich gereizt, hierher zu kommen. So machte ich mich also auf den Weg über Amsterdam und Atlanta nach Tegucigalpa.
Die Gastfamilie: Das erste, was ich nach meiner Ankunft hier kennenlernte, war natürlich die Gastfamilie. Das Haus der Familie liegt in der Colonia La Joya, im Südosten der Stadt. Ich wohne hier bei einer honduranischen Familie, die aus einer Mutter mit ihren beiden Kindern besteht. Dort wurde ich gleich sehr herzlich in Empfang genommen. Da ich am Anfang nur einige wenige Wörter Spanisch verstand, gestaltete sich die Verständigung in den ersten Tagen natürlich entsprechend schwierig. Da ich mich auch nicht auf Englisch verständigen konnte und somit auf das Spanischsprechen angewiesen war, lernte ich die Sprache natürlich umso schneller und einfacher. Missverständnisse blieben trotzdem nicht aus, konnten aber meist doch schnell geklärt werden.
Tegucigalpa: Auf den ersten Blick, für mich etwa die erste Woche, war Tegucigalpa vor allem chaotisch, laut und schmutzig. Natürlich ist es das irgendwie immer noch, aber seitdem ich mich an den Rhythmus und das Leben der Straße gewöhnt habe, macht es wirklich Spaß. Busse und Taxis fahren hier zum Beispiel auch von bestimmten Punkten ab, haben aber keine festen Zeiten und Routen, man muss eben wissen, wo sie abfahren und wo man aussteigen möchte. Oft fahren sie auch unterschiedliche Strecken, wenn der Verkehr auf einer Straße zu dicht ist. Zwar sind gerade die Taxis häufig in einem sehr fragwürdigen Zustand, aber mit der richtigen Musik, die laut durch das Taxi schallt, wird auch diese Fahrt zu einer lustigen Unternehmung. Auch als Fußgänger muss man wirklich gut aufpassen, häufig gibt es keine Bürgersteige, Autos achten nicht auf Fußgänger und Ampeln gibt es nur selten, für Fußgänger gar nicht. Aber auch das wird schnell zur Normalität, sodass ich nach relativ kurzer Zeit das Gefühl hatte, mich sicher und frei durch die Stadt bewegen zu können. Man muss ihre Regeln nur kennen. Natürlich ist grade im Stadtzentrum die Armut des Landes sehr sichtbar, fährt man einige Kilometer weiter raus, mit riesigen Malls, sieht man deutlich die ganz andere Seite. Für mich hat vor allem das Zentrum mit seinen vollen, manchmal unordentlichen und engen Geschäften und dem lebendigen Treiben seinen Reiz. Um diese Stadt genießen zu können, muss man sich auf sie einlassen.
Das Krankenhaus und die Arbeit: Hier in Tegucigalpa arbeite ich im „Hospital General San Felipe“, welches ein teils öffentliches, teils privates Krankenhaus in der Stadt ist. Es gibt Platz für knapp 290 stationäre Patienten in verschiedenen Fachbereichen, sowie verschiedene ambulante Einrichtungen. Genauer gesagt arbeite ich auf der pädiatrischen Station, die Platz für 15 Patienten im Alter von 0-18 Jahren hat. Die meisten Kinder, die dort betreut werden, leiden an Magen-Darm-Erkrankungen oder Erkrankungen der Atemwege. Es werden jedoch auch andere Kinder mit verschiedenen chirurgischen und anderen pädiatrischen Erkrankungen betreut. Unter den vielen auch in Deutschland bekannten und häufigen Erkrankungen, stieß ich hier auch auf Krankheiten, die ich vorher nur aus den Lehrbüchern kannte. Darunter tropische Krankheiten wie das Dengue-Fieber, das sehr verbreitet ist und andere Infektionserkrankungen wie Tuberkulose und Hepatitis B, die bei uns besonders bei Kindern sehr selten sind. Da das Hospital ein teils öffentliches ist und in diesen die finanziellen und materiellen Mittel sehr knapp sind, ist die Versorgung der Kinder dort ein großes Problem. Wenn es ein Medikament zum Beispiel nicht gibt, dann müssen die Eltern dies selbst aus einer Apotheke besorgen und bezahlen. In unserem Gesundheitssystem ist dies bei herkömmlichen Medikamenten kaum vorstellbar. Häufig sind die Medikamente auch Proben oder Spenden der Hersteller. In die öffentlichen Krankenhäuser des Landes kommen häufig Menschen, die zum Teil von großer Armut betroffen sind, weshalb es auch viele Patienten gibt, die neben ihrer akuten Erkrankung unter chronischer Mangelernährung leiden. Auch die Betreuung dieser Kinder war für mich etwas neues, da diese Art von Ernährungsstörungen bei Kindern in Deutschland kaum vorkommt. Anders als in den meisten Krankenhäusern in Deutschland arbeiten auf den Stationen fast ausschließlich sogenannte „Enfermeras auxiliares“ also Krankenpflegehilfpersonal mit einer 2-jährigen Ausbildung. Sie unterstehen einer „Enfermera licenciada“, vergleichbar mit einer examinierten Krankenschwester. Somit gehöre ich hier mit meiner Ausbildung zu den wenigen „licenciadas“, die vor allem eine Art Stationsleitung darstellen.
Da ich mich am Anfang nur wenig mit dem Personal und den Patienten und Eltern verständigen konnte, konnte ich dementsprechend wenige Aufgaben wirklich selbstständig durchführen, weshalb die ersten Wochen eher langatmig waren. Nach etwa der Hälfte der Zeit aber konnte ich viele Aufgaben komplett selbstständig durchführen. Zu den Aufgaben gehört zum Beispiel die Begleitung der ärztlichen Visite am Morgen, das anschließende Ausarbeiten der Visite, die Koordination des Hilfspersonals, das Schreiben eines täglichen Berichtes und einiges mehr.
Die Arbeit des Hilfspersonals, als auch die der Assistenzärzte und Studenten, die auch Anordnungen schreiben dürfen, müssen sehr genau kontrolliert werden, da sehr häufig Flüchtigkeitsfehler passieren, die jedoch für die Patienten von großer Bedeutung sein können. Somit kommt den Krankenschwestern eine sehr große Verantwortung zu.


Insgesamt ist die Arbeit sehr schwer mit der in Deutschland vergleichbar. Die Arbeit am Patientenbett und die direkte Pflege sind sehr eingeschränkt, da die Mütter der Kinder 24 Stunden anwesend sein müssen, um sich um die Kinder zu kümmern. Viele Aufgaben, die in Deutschland selbstverständlich durch das Pflegepersonal durchgeführt werden, sind hier ärztliche Aufgabe. Natürlich stellt auch das hygienische Arbeiten ein großes Problem dar, die Krankenschwestern haben eine große Aufgabe darin, die Eltern der Patienten in hygienischen Maßnahmen zu schulen. Anders als bei uns gibt es auch kaum Informationen in schriftlicher Form, da viele Eltern nicht lesen und schreiben können.
Ausflüge: Während meiner Zeit in Tegucigalpa habe ich verschiedene Ausflüge unternommen. In der ersten Woche ging es nach Santa Lucia und Valle des Angeles, zwei kleinere Dörfer, die ganz in der Nähe der Hauptstadt liegen und doch völlig anders sind. Vor allem die Ruhe, die man nach ein paar Tagen das erste Mal wieder hört, ist eine schöne Abwechslung. Auch den Menschenmassen und dem Müll auf der Straße kann man für kurze Zeit entkommen. Die Woche darauf ging es dann für einen Kurztrip nach La Ceiba, eine Stadt an der Nordküste ca. 7 Busstunden von Tegucigalpa entfernt. An diesem Wochenende sollte dort die „Feria de San Isidro“ stattfinden, eine Art Karnival mit Straßenumzug. Obwohl die Fahrt dorthin sehr anstrengend war, und gleich am nächsten Tag die Heimreise anstand, hat sich die Reise doch gelohnt. Auf der Busfahrt allein kann man schon viel vom Land sehen, von verschiedenen Dörfern und Landschaften.
Ein anderes Wochenende sollte es dann nach Copán Ruinas gehen, wo einige bekannte Maya-Stätten zu bestaunen sind. Auch diese Reise dauerte etwa 7-8 Stunden im Bus. Copán Ruinas ist eine kleine Stadt nahe der guatemalischen Grenze, die im Gegensatz zu Tegucigalpa eher touristisch ist. Das hieß, dass ich eigentlich zum ersten Mal hier auf andere Reisende und Rucksacktouristen gestoßen bin. Wir haben in einem kleinen Hostel übernachtet, der Ort ließ sich sehr gut zu Fuß erkunden und die Maya Ruinen waren auch fußläufig erreichbar. Auch diese Stadt ist eine nette Abwechslung zu Tegucigalpa, es ist ruhig, sicher und sogar möglich, auch in der Nacht noch zu Fuß zum Hostel zu laufen. Sogar eine deutsche Kneipe gibt es dort, in der der Wirt selbstgebrautes Bier und selbstgemachte Bratwurst verkauft, sie heißt „Sol de Copán“ und ist bei vielen Touristen sehr beliebt.
Aber auch in Tegucigalpa gibt es einige Orte, die sehr sehenswert sind, wie das Museo para la Identidad Nacional oder die Basílica de Suyapa.
Soweit einige meiner Erfahrungen meiner bisherigen Reise, natürlich nicht vollständig, ich denke, dann könnte ich ein ganzes Buch schreiben. Morgen geht es dann mit dem Bus nach La Ceiba und von dort nach Roatan. Ich bin sehr gespannt, wie es weiter geht.
Medizinprojekt in der Allgemeinmedizin
Ich habe mich entschieden einen Einsatz in einem honduranischen Spital zu leisten, da ich Personen helfen wollte, die die Hilfe tatsächlich auch benötigen. Aufgrund der Informationen, welche ich vor der Abreise von Eliane erhalten habe, wusste ich, dass die Arbeit in Honduras nicht mit derjenigen in Europa vergleichbar ist. Es wurde mir beispielsweise erwähnt, dass es an Medikamenten, Nadeln, Desinfektionsmitteln, etc fehlt.
Dies wurde mir dann auch sofort bewusst und klar, als ich im Spital ankam. Es fehlt an fast allem. Ich hatte noch die Gelegenheit ein paar Tage im Hospital Escuela zu arbeiten. Dort war die Knappheit an Mitteln noch stärker spürbar. Ich war überrascht und erstaunt, wie die honduranischen Krankenschwestern und Ärzte immer wieder improvisieren müssen. Flexibilität ist gross geschrieben. Auch braucht es ein grosses Selbstengagement von Seite der Helferinnen, wie mich. Aber genau dieser Herausforderung wollte ich mich stellen. Es erscheint alles auch total unorganisiert. Wenn ich dies mit meiner Arbeit in Deutschland vergleiche, dann sind dies Tag und Nacht.
Ich bin der Organisation SWHO sehr dankbar, dass sie mir diesen Aufenthalt ermöglicht haben und ich dadurch sehr wertvolle Erfahrungen sammeln konnte, welche mir in meiner Heimat sehr zu gute kommen werden. Wichtig ist für alle zukünftigen Volunteers, dass sie ihre Arbeitskleidung aus dem Spital des Heimatlandes mitbringen. Eliane hat dies mir gegenüber zwar erwähnt gehabt, doch ich brachte nur 2 Stück mit 🙂 Da ich jedoch in der Gastfamilie nur 1x pro Woche waschen konnte mit einer Waschmaschine, musste ich meine Arbeitskleidung fast täglich von Hand auswaschen 🙂 Eine Waschmaschine ist in den honduranischen Familien keinen Standard wie wir es kennen in Europa. Es gibt ein Waschbrett und kaltes Wasser. Die Kleider werden jedoch erstaunlich sauber, was ich nie gedacht hätte, aber der Aufwand war mir dann doch zu gross. Als Tipp an alle Zukünftigen Helferinnen und Helfer: nehmt genug Arbeitskleider mit 🙂
Meine Gastfamilie war ein Glücksgriff. Es war ein 3 Generationen-Haushalt. Alle Gastfamilien-Mitglieder war sehr herzlich und empfingen mich von Anfang an mit offenen Armen. Ich fühlte mich wie eine eigene Tochter und nicht als „Fremde“. Wir verbrachten viel Zeit zusammen in der Küche oder im Wohnzimmer. Dadurch konnte ich tagtäglich meine Spanischkenntnisse anwenden und verbessern. Niemand in meiner Familie konnte fliessend Englisch. Dies kam mir sehr zugute.
Am Ende meines Aufenthaltes reiste ich in den Norden des Landes. Nach Puerto Cortes und La Ceiba. Es zog mich dann weiter nach Roatan. Roatan ist eine der 3 Inseln im Norden des Landes. Die Strände in West Bay sind ein Paradies. Dort genoss ich die letzten Tage, bevor ich wieder zurück nach Deutschland reiste. Ich habe die honduranische Kultur, die Menschen und ihre Fröhlichkeit sehr ins Herz geschlossen. ich werde sie sehr vermissen.